Auf 25 Hektar baut der Tabakhof Fischer in Hördt Bio-Tabak an. Daraus werden später Zigaretten ohne Zusatzstoffe made in Germany.
„Wir leben den Tabak – und er ist besser als sein Ruf“, sagt Markus Fischer, in vierter Generation und seit 25 Jahren verantwortlich für den Tabakhof. Neben ihm und seiner Frau Melanie arbeiten auch Tochter Amelie und die Söhne Julius und Henry voll mit. Die 16-jährige Amelie hat kürzlich den Traktorführerschein gemacht und fährt mit großer Begeisterung die Ernte vom Acker auf den Hof.
Durch den Anbau ist der Tabakhof in ganz Deutschland und darüber hinaus bekannt – „und darauf sind wir sehr stolz“, sagt Fischer. In der ganzen Bundesrepublik gibt es nur noch etwa 30 Tabakpflanzer. „Der Tabak ist quasi unser viertes Kind“. Das müsse auch so sein, denn die Arbeit sei durchaus stressig und anspruchsvoll. Ein längerer Urlaub komme nicht in Frage, denn „die Trockner laufen ja rund um die Uhr und es gibt immer etwas zu tun.“
Neben der Familie arbeiten rund 25 Arbeitskräfte für den Betrieb. Sie wohnen in Zweier-Appartements direkt auf dem Hof oder im alten elterlichen Haus im Ortskern. Auch sie sind wie Familienmitglieder, denn die meisten arbeiten schon seit Jahren für die Familie und bleiben meist für drei Monate im Jahr. Der Vorarbeiter organisiert die Einteilung, das klappt reibungslos. Und: Auf dem Gelände gibt es eine Grillhütte, wo sie Pause machen oder am Wochenende auch feiern können. Fischer spendiert dann die Getränke oder das Fleisch: „Wertschätzung ist das A und O.“
Von der Saat bis zur Zigarette
Im Februar wird das Saatgut im Folienhaus aufgezogen und gepflegt. Sobald die Setzlinge 20 Zentimeter groß sind, kommen sie im Mai oder Anfang Juni – wenn kein Frost mehr zu erwarten ist – aufs Feld. Anfang Juli sind die Pflanzen dann reif für die Ernte, die sich bis Ende Oktober hinzieht. Dazwischen wird regelmäßig Gras und Unkraut, das um den Tabak wächst, von Hand weggehackt, um das Wachstum zu begünstigen.
Die Ernte geschieht in mehreren Stufen, jede Pflanze wird drei- bis viermal von unten nach oben abgeerntet, zunächst drei Blätter, am Schluss fünf bis acht. Die kommen in den Trocknungsofen, wo sie über sechs Tage hinweg zuerst bei 40, am Ende bei 70 Grad getrocknet werden. Die grünen Blätter werden gelb. In der Halle werden sie nach Qualitätsstufen sortiert und in Kartons zu je 130 Kilogramm verpackt.
Einmal im Monat liefert der Tabakhof diese bei der Wiegehalle in Herxheim ab, wo die Einkäufer die Kartons inspizieren – und bestenfalls kaufen und weiterverarbeiten zur Bio-Zigarette made in Germany.
Von Blattläusen und Sonnenblumen
2005 ist Fischer in das Geschäft mit Bio-Tabak eingestiegen – obwohl er ertragsseitig 30 Prozent weniger einbringt als die konventionelle Variante. Aber es gehe eben und gerade in der heutigen Zeit um Nachhaltigkeit. Insgesamt rund 80 Hektar werden für den Anbau von Bio-Produkten genutzt, auf 25 davon wächst der Tabak. Die Vorgaben, die erfüllt sein müssen, damit das Erzeugnis auch „bio“ ist, sind umfangreich, unangekündigte Inspektionen an der Tagesordnung. Pflanzenschutzmittel sind verboten, der Tabak muss außerdem von Hand geerntet werden.
Die größte Bedrohung der Pflanze: die Blattlaus. Sie trägt einen Virus in sich, mit dem sie sich bei Kartoffeln infiziert und der ein ganzes Feld binnen einer Woche zerstören kann. Die hellgrüne Farbe des Tabaks zieht die Blattläuse dabei an. Doch Fischer hat dafür eine Lösung gefunden – Sonnenblumen. „Die gelbe Farbe wirkt noch attraktiver. Und die Sonnenblume gibt das Virus nicht mehr weiter. Das schützt den Tabak.“
Aus diesem Grund sind die Felder mit Sonnenblumen umsäumt. Das schützt die Tabakpflanze und sieht schön aus – was nicht immer ein Vorteil ist: „Gerade bei den Feldern, die an Fahrradwegen liegen, kommen Leute vorbei und machen sich ein paar Sonnenblumen ab und nehmen sie mit für zu Hause. Sie können ja nicht wissen, dass die nicht zur Zierde da stehen. Und dann wird es natürlich gefährlich. Deshalb ist es mir wichtig, darauf hinzuweisen.“
Tabak ist besser als sein Ruf
Aber warum eigentlich Tabak? Die Pflanze hat einen schlechten Ruf, nicht erst seit gestern weiß man schließlich, dass Rauchen extrem gesundheitsschädlich ist. „Darüber brauchen wir nicht zu diskutieren, das ist jedem klar und selbstverständlich unerfreulich. Aber die Pflanze selbst gibt der Umwelt auch unheimlich viel zurück“, erklärt Fischer.
So brauche die zwei Meter hohe Pflanze beispielsweise mit 20 bis 30 Kilogramm deutlich weniger Stickstoff als etwa Mais – und damit auch weniger Düngemittel wie Phosphor und Kali. Alleine durch den Fruchtwechsel zwischen Gerste, Weizen, Mais oder Soja könne man schon einen Großteil des benötigten Stickstoffs erzeugen. Außerdem stehen Tabakpflanzen zwischen sechs und sieben Monaten auf dem Feld und produzieren dabei aufgrund seiner Blattmasse enorm viel Sauerstoff – laut Fischer geschätzt das Dreißigfache eines Hektars Wald.
Entscheidend dabei ist es, die Pflanzen auch gesund zu halten. Nicht nur im Kampf gegen die Blattlaus, sondern auch mit effektiven Mikroorganismen, mit denen der Hof seit ein paar Jahren experimentiert. Zudem helfen Gesteinsmehle bei der Photosyntheseverbesserung und dienen als Sonnenschutz. Auch Brennesselsaft, der schon vor dem Zweiten Weltkrieg eingesetzt wurde, ist ein Mittel zum Schutz der Pflanze.
Zur Biodiversität trage der Tabakanbau überdies ebenfalls bei: „Früher hat man gesagt, wenn der Tabak blüht, blüht die Pfalz. Und wenn er blüht, dann lockt er auch Insekten an“, so Fischer. Außerdem gebe es alle 21 Meter eine drei Meter breite Fahr- und Erntegasse, die mit Blühstreifen begrünt sei, was ebenfalls zur Diversität beitrage.